Wir wissen, dass die größten Anreize im Handeln der Cyber-Kriminellen in erhofften finanziellen Vorteilen bestehen. Die Jüngeren bewegen allerdings andere Gründe, den ersten Schritten hin zur „dunklen Seite“ zu tätigen.
Ein interessanter Bericht der britischen National Crime Agency (NCA) stellt fest, dass viele junge Leute nicht unbedingt durch finanzielle Anreize motiviert werden. Die tatsächlichen Motivatoren sind Anerkennung durch Gleichaltrige, Beliebtheit in angemeldeten Foren oder einfach das Erleben eines Erfolgsgefühls.
Die Autoren im Paper erklären, dass das Gefühl einer Aufgabenerfüllung und das sich Beweisen innerhalb einer Gruppe die stärksten Beweggründe darstellen.
Als Beispiel enthält der Bericht die Zeugenaussage eines 18-Jährigen, der wegen des unrechtmäßigen Zugangs zu einer US-Regierungs-Website verhaftet wurde. In der Zeit seiner Inhaftierung sagte er: "Ich habe es getan, um die Leute in der Hackergemeinschaft zu beeindrucken und um ihnen zu zeigen, dass ich die Fähigkeiten hatte, es durchzuziehen ... ich wollte mich beweisen."
Ein Gefühl von Unschuld?
Es gibt einen weiteren wichtigen Faktor, der viele Jugendliche dazu veranlasst, sich in die Welt der Cyber-Kriminalität zu begeben: das Gefühl, dass es kein Verbrechen im "traditionellen Sinne" sei und die Hoffnung, dass man nicht für die Durchführung eines Cyber-Angriffs verhaftet werden wird.
Die NCA ist sich sicher, dass viele britische Jugendliche, die cyber-kriminell aktiv sind, sich nicht in "traditionelle" Verbrechen verwickeln würden. Dennoch berichtet die Agentur, dass "die Wahrnehmung der Ahndung durch Strafverfolgungsbehörden niedrig bleibt".
Ein dritter Punkt beschreibt die Leichtigkeit, mit der Angriffe und bösartige Aktivitäten initiiert werden können. Es gibt alle nur vorstellbaren Arten von Tools online, die weder teuer noch schwer zu bedienen sind.
In der englischsprachigen Version von WeLiveSecurity berichteten wir über Cybercrime Geschäftsmodelle, die ganze Pakete von Werkzeugen anbieten. Diese kann jeder leicht bedienen – selbst wenig technikaffine. Neue Phänomene sind entstanden – beispielsweise Ransomware-as-a-Service. Verschlüsselungssoftware wird hier als Service angeboten. Auch andere Malware-Tools können als "Dienstleistung“ erworben werden.
Die Jugendlichen bezahlen beispielsweise einen Festpreis von rund 175 US-Dollar für die Karmen Ransomware. Mit den ausgehändigten Werkzeugen können andere User dann relativ einfach kompromittiert werden.
Laut der NCA haben es Anfänger recht leicht. Über Videospiele Cheat Websites und Modding-Foren gelangen die Einsteiger zu Foren für Cyber-Angriffe. Dort werden Themen dann offen diskutiert.
Im Paper heißt es weiter: „Schon ein wenig Geschick genügt, um cyber-kriminelle Aktivitäten zu starten. Mit keinem oder wenig Startkapital beziehen Anfänger Tools wie Remote Access Trojaner (RAT) und beginnen Gesetze zu brechen.
Cyber-Kriminelle Aktivitäten werden leider allzu einfach durch die Verfügbarkeit von Step-by-Step-Anleitungen und Video-Tutorials unterstützt. "Ist das Gesetz erst einmal gebrochen, sinkt die Hemmschwelle für nachfolgende Übertretungen.“, stellt die NCA fest.
Allerdings ist die Agentur fest davon überzeugt, dass Jugendlich unter Aufsicht eines Mentors von dem Einstieg in die Cybercrime-Welt abgebracht werden können. Auf diese Weise soll die Kluft zwischen ihnen und den Behörden geschlossen werden.
In Cybercrime-Foren werden Gesetze und deren Konsequenzen hingegen nur selten diskutiert - wenn das Thema auftaucht, erfährt es schnell große Ablehnung. Die Jugendlichen werden auf die Konsequenzen ihres Handelns nur dann aufmerksam, wenn jemand bekanntes verhaftet wird.
Die Suche nach einem Mentor
Die Teilnehmer der Studie gaben an, dass sie keinen Mentor hatten, der positiv auf sie einwirkte und auf den richtigen Pfad hätte zurückbringen können. Sie verehrten die Person in der Community, welche die komplexesten Cyber-Attacken ausführte.
Die NCA erklärt weiter: "Ex-Täter, die ihre Cyber-Aktivitäten einstellten und sich einer Ausbildung oder Karriere in der IT widmeten, haben diesen Wandel einem positiven Mentor zu verdanken." Sie können also dazu beitragen, dass Fertigkeiten positiv genutzt werden.
In Bezug auf den letzten Punkt verschwimmt die Auswertung allerdings etwas. In Wahrheit gibt es immer die Möglichkeit, "auf der positiven Seite" in der IT zu arbeiten; in der Tat sind wir uns dem Mangel an Cyber Security Profis bewusst. Es gibt einfach nicht genug Personal, um die Lücken zu füllen. Warum probieren die Jugendlichen dann also zuerst die "dunkle Seite“ aus, bevor sie jemand zurück auf den richtigen Weg bringt?
Natürlich haben viele Sicherheitsexperten ihre Jugend damit verbracht, mit Hacking zu experimentieren. Zuweilen haben sie dabei auch Grenzen überschritten, bevor sie wussten, was sie einmal mit ihren Fähigkeiten anstellen werden. In der Unternehmenswelt aber fragt sich die Allgemeinheit selbstverständlich, ob es eine gute Idee ist, jemanden einzustellen, der Malware entwickelte oder ein Botnet angeführte.
Die Debatte, ob man "geständige Hacker“ einstellen sollte oder nicht, wird seit Jahren hitzig diskutiert und voraussichtlich niemals enden. Eine Antwort hängt immer vom jeweiligen Einzelfall ab und kann nicht pauschal getroffen werden.
Was bei uns schlussendlich Besorgnis erregt, ist die Tatsache, wie leicht Jugendliche in die Welt des Cybercrime gelangen können und wie sorglos sie selbst darüber denken. Dazu gehört auch, dass die jungen Menschen das Gefühl der Chancenlosigkeit haben und ohne Vorbild zu sein scheinen.
Nun, wir sind einige Leute, die viele gute Gründe sehen, in der Cyber Security zu arbeiten. Und wir versuchen jeden Tag, das Interesse der Menschen an einer Cyber Security Karriere zu wecken.