„Traue keiner Studie, die du nicht selbst gefälscht hast!“ lautet eine humoristische Beschreibung von wissenschaftlichen Untersuchungen. Aber wie bei jedem Scherz, steckt auch hier ein Fünkchen Wahrheit dahinter. Nicht, dass Wissenschaftler unbedingt böswillig Ergebnisse fälschen würden. Aber wie alles im Leben sind auch Studien subjektiv geprägt. Dies beginnt bei der Fragestellung, den verwendeten Methoden und endet bei der Einstellung des Forschenden zum Thema. Das heißt nicht zwangsläufig, dass Studien dadurch verfälscht werden, aber man sollte die Ergebnisse nicht immer unhinterfragt hinnehmen.
Und was passiert, wenn verschiedene Studien zu unterschiedlichen, vielleicht sogar widersprüchlichen Ergebnisse kommen? Ein Beispiel hierfür ist die Frage, ob Facebook glücklich oder unglücklich macht. Immerhin nutzen ca. 1,3 Milliarden Menschen weltweit das soziale Netzwerk. Das scheint ein Indiz dafür zu sein, dass Menschen diese Art der Kommunikation wertschätzen.
Nun hat aber eine niederländische Werbeagentur namens Just das Projekt „99 Days of Freedom“ ins Leben gerufen, bei dem Nutzer für 99 Tage ihren Facebook-Account auf Eis legen sollen. In dieser Zeit werden sie in regelmäßigen Abständen nach ihrem Wohlbefinden befragt. Das Projekt wurde als Reaktion auf den kürzlich bekannt gewordenen Facebook-Skandal ins Leben gerufen, bei dem Facebook ohne das Wissen der Nutzer die Newsfeeds manipuliert hat, um deren emotionale Reaktionen zu untersuchen. Gleichzeitig erklärt Just, dass sie dem sozialen Netzwerk keinesfalls schaden wollen. Nutzer sollen lediglich ihren Facebook-Konsum hinterfragen und gegebenenfalls reduzieren. Die tiefgründige Frage hinter diesem Projekt lautet: Macht Facebook glücklich?
Wie bereits erwähnt gibt es hierüber ganz unterschiedliche Auffassungen, die mehr oder weniger gut belegt sind. Ethan Kross von der University of Michigan hat beispielsweise im Jahr 2013 zusammen mit Kollegen zwei Wochen lang 82 junge Erwachsene bei der Facebook-Nutzung begleitet. Fünfmal täglich mussten sich die Teilnehmer einem Fragebogen über ihr Wohlbefinden stellen. Hierbei kam heraus, dass sie sich umso schlechter fühlten, je häufiger sie sich im sozialen Netzwerk aufhielten.
Der Neurowissenschaftler Dar Meshi hat bei einer Untersuchung ein anderes Ergebnis erzielt. Mithilfe eines Computertomografen hat er die Reaktion des menschlichen Gehirns auf die Nutzung von Facebook untersucht. Die Forschergruppe fand heraus, dass bei Menschen, die viele Reaktionen auf Facebook-Beiträge erhalten, das Hirnareal angeregt wird, das für Belohnung zuständig ist. So lösen bereits „Gefällt mir“-Erklärungen die gleichen positiven Gefühle aus wie ein persönliches Lob.
Und die beiden Wissenschaftler Nicholas Christakis (Yale Universität) und James Fowler (San Diego State University) haben herausgefunden, dass das Glück, das auf Facebook verbreitet wird, ansteckend ist. Postet jemand einen positiv gestimmten Beitrag, folgen daraufhin durchschnittlich 1,75 weitere positive Meldungen im Freundeskreis. Bei negativen Statusmeldungen waren es lediglich 1,29. Mit Facebook-Beiträgen kann man demnach die Stimmung anderer Nutzer beeinflussen, die sich häufiger von positiven Gefühlen anstecken lassen.
Zu einem anderen Ergebnis kommen jedoch Wissenschaftler der Humboldt-Universität zu Berlin und der Technischen Universität Darmstadt. Unter der Projektleiterin Hanna Krasnova wurden 600 Facebook-Nutzer über ihr Wohlbefinden befragt, während sie auf Facebook surften. Bei mehr als einem Drittel der Teilnehmer wurden hierdurch negative Gefühle wie Frustration ausgelöst, die die Forscher auf Neid zurückführten. Sieht man spektakuläre Bilder bei Freunden und Bekannten, wird man neidisch auf das tolle Leben der anderen, so die Annahme. Offensichtlich galt hierbei, dass vor allem diejenigen, die auf Facebook nicht ganz so aktiv ihr Leben teilen, von diesen negativen Gefühlen geplagt wurden.
Wie die Soziologin Sherry Turkle in ihrem Buch Together Alone beschreibt, fällt es Jugendlichen zunehmend schwer, direkte Konversationen zu führen. Denn im Gegensatz zu geschriebenen Unterhaltungen (ob auf Facebook, Twitter oder per SMS) können sie den Gesprächsverlauf hier nicht so gut kontrollieren. Zudem können Sie ihre Selbstdarstellung in den sozialen Netzwerken redigieren. Sie posten nur die Informationen, die sie teilen wollen und bearbeiten unter Umständen ihre Bilder so, dass sie besonders gut aussehen. Bei Unterhaltungen von Angesicht zu Angesicht geht das nicht. Alles ist spontan, man hat kaum Zeit, sich seine Worte ganz genau zu überlegen. Turkle empfindet diese Entwicklung als gefährlich und plädiert für einen verantwortungsvollen Umgang mit sozialen Netzwerken und neuen Technologien.
Welcher der Studien sie nun glauben, bleibt Ihnen überlassen – alle haben ihre Stärken und Schwächen. Vermutlich ist es einfach vom jeweiligen Menschen abhängig, ob Facebook das Wohlbefinden steigert oder nicht. Es kann aber nicht schaden, sich selbst zu testen – ob mit dem 99-Tage-Projekt oder selbstständig – und seinen Facebook-Account mal einige Tage ruhen zu lassen.