Für viele junge Menschen gehören soziale Medien zum Mittelpunkt ihres Lebens, doch die Jugendlichen würden gut daran tun, ihre Freundeslisten und Privatsphäre-Einstellungen einmal genau zu überprüfen. Denn eine Umfrage hat nun ergeben, dass zwei Drittel der Eltern die Profile ihrer Kinder ohne deren Wissen ausspähen.
2.105 britische Eltern haben sich der vom Gutschein-Unternehmen VoucherCloud geleiteten Befragung gestellt. Weil das legale Mindestalter für die Nutzung von Facebook bei 13 Jahren liegt – obwohl die London School of Economics einem Bericht der BBC zufolge herausgefunden hat, dass 43 Prozent der Neun- bis Zwölfjährigen die Seite nutzen – bezog sich die Befragung auf das Verhalten von Eltern Jugendlicher im Alter zwischen 13 und 16 Jahren.
81 Prozent der Befragten geben an, dass ihre Kinder soziale Medien nutzen, die restlichen 19 Prozent wissen es nicht, bzw. sagen, dass sich ihr Nachwuchs nicht auf solchen Seiten herumtreibe. 73 Prozent der Kinder, die soziale Medien nutzen, besitzen ein Profil auf Facebook, was diese Seite zu der beliebtesten macht. 56 Prozent sind auf Twitter unterwegs und 49 Prozent nutzen Instagram.
Zwei Drittel der Eltern geben zu, ihre Kinder mithilfe unterschiedlicher Methoden „ohne deren Wissen“ auszuspionieren. So kennen mehr als die Hälfte von ihnen (55 Prozent) beispielsweise die Passwörter ihrer Kinder und haben sich schon mal heimlich in deren Accounts eingeloggt. Knapp ein Drittel tut dies sogar „regelmäßig“.
Außerdem haben 67 Prozent der Eltern im Internet nach den Profilen ihrer Kinder gesucht, um sie inkognito zu überwachen. Doch auch die Jugendlichen kennen Tricks, um den Eltern und der Schule in der virtuellen Welt – vor allem, wenn sie hier gemobbt werden – zu entgehen. So nutzen sie beispielsweise falsche Namen.
Bei der Befragung wurde unterschieden zwischen den E-Mail-Konten der Kinder und ihren Profilen bei sozialen Netzwerken. 45 Prozent der Eltern behaupten, das Passwort zum E-Mail-Konto ihres Kindes zu kennen, während 36 Prozent über die Login-Informationen zu mindestens einem der Accounts bei sozialen Netzwerken im Bilde seien.
Die meisten Eltern begründen ihre Schnüffeleien mit der Sorge um die Sicherheit ihrer Kinder. Ein Drittel hingegen gibt zu, dass sie lediglich wissen wollen, was ihre Sprösslinge so treiben – schließlich erzählen sie nie etwas von sich aus.
Nick Bagot, ein 42-jähriger Vater aus London, erklärte, dass Accounts wie Apple-ID oftmals innerhalb einer Familie geteilt werden: „Die Nutzung desselben Apple-ID-Accounts für mehrere Produkte – iPad, iPhone, Mac – ermöglicht mir, die E-Mails und Nachrichten von iMessage meiner Kinder zu überwachen. Oft vergessen sie sogar, dass das überhaupt möglich ist.“
Ein Fünftel der befragten Eltern haben durch ihre kleinen Spionageaktionen in den Profilen „belastendes Material” gefunden. 53 Prozent von ihnen haben ihre Kinder mit der Entdeckung konfrontiert.
Hierbei gaben lediglich 38 Prozent der Eltern ihren Kindern gegenüber zu, dass sie durch heimliche Überprüfungen an die Informationen gelangten, während die Mehrheit (62 Prozent) sich eine andere Erklärung hatte einfallen lassen.
Matthew Wood von VoucherCloud kommentiert die ganze Sache wie folgt: „Für Eltern kann die heutige Welt oft wie ein finsterer Ort wirken. An soziale Netzwerke gebundene Alpträume sind in den Medien sehr präsent. Es ist also nicht verwunderlich, dass sie dem, was ihre Kinder treiben, gegenüber misstrauisch sind. Schreiben Sie anzügliche Nachrichten? Unterhalten sie sich im Internet mit Fremden? Scheinbar denken viele Eltern, dass sie das nur durch heimliche Schnüffeleien herausfinden.“
„Im Grunde ist es traurig, dass manche Eltern das Gefühl haben, dass sie nur durch einen heimlichen Blick in die Accounts ihrer Kinder mitbekommen, was sie tun. Ist das bezeichnend für die moderne Welt? Das könnte sein – aber andererseits waren Teenager schon immer bekannt für ihre Geheimnistuereien. Eltern sollten sich das also nicht zu sehr zu Herzen nehmen und einfach akzeptieren, dass das mal wieder eine dieser Phasen ist.“
David Harley, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei ESET und Autor bei SafeSoundFamily, rät Eltern, das Internet gemeinsam mit ihren Kindern zu nutzen – und zwar schon vom Grundschulalter an. Denn der Schlüssel zu einem sicheren Umgang mit dem Internet und den sozialen Medien ist eine „behutsame, gesteuerte Einführung“.